09.11.2023Konjunktur

„2024 geht es konjunkturell aufwärts“

Die deutsche Wirtschaft wird im nächsten Jahr um voraussichtlich 1,3 Prozent wachsen. Der Inflationsschock dürfte nachlassen, aber die strukturellen Belastungen bleiben, geht aus dem Helaba-Kapitalmarktausblick für 2024 hervor.
Für Helaba-Chefvolkswirtin Dr. Gertrud R. Traud hat „Fußball sehr viel gemeinsam mit Volkswirtschaft: Langfristige Strategien kombiniert mit kurzfristigen Taktiken führen letztlich zur Wettbewerbsfähigkeit beziehungsweise zum Erfolg. So fragen sich hierzulande viele: Ist Deutschland fit genug, um 2024 endlich wieder ein BIP-Wachstum zu generieren oder scheidet Deutschland schon wieder in der Vorrunde aus?“© pixabay.com

„Rückläufige Inflationsraten eröffnen den Spielraum für Zinssenkungen. Unterstützt durch eine sich erholende Industrie wird es im Laufe des kommenden Jahres konjunkturell aufwärtsgehen. Die deutsche Volkswirtschaft wächst um 1,3 Prozent“, prognostizierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba), am Donnerstag bei der Vorstellung des Kapitalmarktausblicks für 2024. Gleichzeitig werde sich die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr von sechs Prozent auf drei Prozent verringern. Dabei werde im Jahresverlauf 2024 ein sukzessiver Rückgang zu beobachten sein, der 2025 in eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,5 Prozent münde. „Damit bleibt die deutsche Inflationsrate einen Prozentpunkt über dem Durchschnitt der 20 Jahre vor der Pandemie. Verantwortlich sind dafür jedoch keine konjunkturellen, sondern strukturelle Faktoren wie Demografie und Deglobalisierung“, so Dr. Traud weiter.

Geopolitische Belastungen wirkten sich nicht nur auf das Preisniveau aus, sondern auch auf den internationalen Handel. Die Weltwirtschaft drohe nach Einschätzung von Frau Traud in zwei Technologie- und Handelsblöcke zu zerfallen. In den Industrienationen gewännen Protektionismus und eine aktive Industriepolitik an Popularität. Gleichzeitig zeigten sich – insbesondere in Deutschland – die Nachteile ausufernder staatlicher Eingriffe.

Mit Blick auf das Motto des Kapitalmarktausblickes „Weltwirtschaft im Umschaltspiel“ sagte die Helaba-Bankdirektorin, dass „Bürokratieabbau, eine wettbewerbsfähigen Steuer- und Abgabenpolitik sowie eine funktionsfähige Infrastruktur 2024 auf dem Trainingsplan stehen“ müssen. Vieles davon sei erkannt, ob es aber umgesetzt werde, bleibe offen.

In der heimischen Wirtschaftspolitik stünden die Politiker vor großen Herausforderungen. So sei ein Abschied von der „Scheckbuchmentalität“ der vergangenen Jahre, wo jedes Problem mit massiven staatlichen Ausgaben zugeschüttet wurde, angesichts weiterwachsender Schuldenberge überfällig.

Auf Hinweis des BME, wonach laut jüngster DIHK-Herbst-Konjunkturumfrage mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Geschäftsrisiko einstufen und DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben in diesem Zusammenhang sogar fordert, den Reset-Knopf zu drücken, sagte die Helaba-Chefvolkswirtin dem Einkäuferverband: „Ich teile das. Allerdings sind die Ansatzpunkte sehr vielfältig. Wir brauchen jetzt eine neue, eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik.“

Angesichts der schwachen Konjunktur hatte kürzlich BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov bei der Kommentierung der September-Daten des HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) an die Politik appelliert, jetzt „die Zügel in die Hand zu nehmen“. Reformen zur Standortsicherung Deutschlands müssten energisch umgesetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern. Den Firmen riet Frau Melnikov, ihr Risikomanagement an die veränderten globalen Rahmenbedingungen anzupassen sowie Digitalisierung und KI als Hebel zur Verbesserung ihrer Marktposition intensiv zu nutzen.

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Frank RöschChefredakteur BIP und eSolution Report+49 6196 5828-155frank.roesch@bme.de