23.09.2025Politik & Wirtschaft

BME-Austauschgruppe „Zölle“ gestartet: Fokus auf neue US-Zollarchitektur

Am 16. September 2025 ist auf der BME-Mitgliederplattform „myBME“ die Austauschgruppe „Zölle“ gestartet. Das Peer-Format bringt Praktiker zusammen, die anhand konkreter Beispiele Lösungswege entwickeln und belastbare Best Practices erarbeiten. Zum Auftakt hat der BME die aktuelle Lage rund um die neuen US-Zölle analysiert.
US-Zollpolitik: Neue 15-Prozent-Sockelregelung verändert die Spielregeln für europäische Unternehmen im Handel mit den Vereinigten Staaten. © franckreporter/iStock

US-Zölle 2025: Bedeutung für den Einkauf

Mit dem Start der BME-Austauschgruppe „Zölle“ am 16. September 2025 bietet der BME der Einkaufs-Community ein weiters Forum, um aktuelle Handels- und Zollfragen zu diskutieren. Die mittlerweile über 30 verschiedenen Austauschgruppen des BME wachsen weiter und leben vor allem von der aktiven Mitwirkung der Teilnehmenden. Beiträge aus der Praxis machen das Netzwerk stark. Die nachfolgende Analyse versteht sich als inhaltlicher Auftakt und Einladung, die Diskussion fortzuführen.

Neue Zollarchitektur: 15-Prozent-Sockel und Ausnahmen

Seit der US-EU-„Framework“-Einigung vom 21. August 2025 gilt für die meisten EU-Waren beim Export in die USA ein Grundzollsatz von bis zu 15 Prozent – maßgeblich ist der jeweils höhere Betrag aus MFN-Zoll (WTO-Standardsatz nach dem Meistbegünstigungsprinzip) und dem ergänzenden „reciprocal“-Zoll. Für sensible Sektoren gelten Abweichungen: Stahl und Aluminium sind ausdrücklich nicht in die 15-Prozent-Kappung einbezogen; für Pharma, Halbleiter und Holz ist eine Obergrenze von 15 Prozent in Aussicht gestellt. Für Fahrzeuge und Kfz-Teile sollen die Zölle entfallen, sobald die EU die vorgesehenen Industriezollsenkungen formell einleitet. Zentrale Punkte wie Ursprungsregeln, Ausnahmen und Zeitpläne sind noch offen und bedürfen nachgelagerter Klarstellungen.

Preis-, Risiko- und Complience-Folgen

Ökonomisch fällt die Bilanz gemischt aus. Gegenüber den bislang im Mittel sehr niedrigen US-Zollsätzen für EU-Waren verteuert der 15-Prozent-Sockel den Marktzugang empfindlich, zugleich dämpft er Eskalationsrisiken, die bisher bis zu 30 Prozent reichten. Öffentlich hat sich die Einordnung als „All-inclusive“-Modell für den Großteil der Güter durchgesetzt; gleichwohl bleiben insbesondere bei Stahl/Aluminium erhebliche Unsicherheitsspielräume bestehen.

Für Einkauf und Beschaffung entsteht damit ein struktureller Kostentreiber. Zölle fließen unmittelbar in die Einstandskosten ein und verschieben Preis- und Margenkorridore entlang der EU-US-Lieferketten. Wo Verhandlungsmacht begrenzt ist, werden Anhebungen in den US-Markt weitergereicht – mit Rückwirkungen auf Preisniveau, Nachfrage und Mengensteuerung. Parallel dazu steigt der Aufwand für Compliance, weil Präferenzursprung, Dokumentation und interne Kontrollmechanismen an Bedeutung gewinnen, solange Detailfragen ungeklärt bleiben.

Nichttarifäre Elemente wie die gegenseitige Anerkennung von Standards und Konformitätsbewertungen, etwa im Fahrzeugbereich, und die Digitalisierung zollrechtlicher Verfahren können mittelfristig entlasten, indem sie Doppelprüfungen reduzieren und Prozesse verschlanken. Wirkung und Tempo bleiben jedoch strikt von der Implementierung abhängig. Solange der Zoll-Sockel, die teilweise Fortgeltung von Section 232 und dichte Prüfregime bestehen, bleibt die faktische Markteintrittshürde erhöht.

Stimmen aus der Praxis

Unternehmensrückmeldungen bestätigen dieses Bild. Eine am 6. August 2025 veröffentlichte BME-Blitzbefragung zeigt: 58 Prozent der Betriebe erwarten zusätzliche Belastungen, lediglich 5 Prozent rechnen mit Entlastungen; unter Unternehmen mit direktem US-Geschäft berichten 74 Prozent von negativen Effekten. Treiber sind die anhaltende handelspolitische Unsicherheit und der neue tarifäre Grundpegel von 15 Prozent. Die Konsequenzen reichen von Preisanpassungen über investive Zurückhaltung bis hin zur strategischen Neujustierung von Absatz- und Beschaffungsmärkten.

Zwischenfazit: Planbar teurer, nicht planbar einfacher

Das Zwischenfazit fällt nüchtern aus: Der US-Marktzugang wird planbar teurer, nicht aber planbar einfacher. Mit 15 Prozent Grundzoll und weiterer Risiken wird der Rahmen für EU-US-Geschäfte dauerhaft kostenintensiv und prüfungslastig. Einkaufsorganisationen müssen Preise und Risiken dauerhaft neu bewerten. Entlastungen gehören erst dann in die Kalkulation, wenn sie rechtlich sicher sind und in der Praxis greifen.

Ihre Kontaktperson

Alexander Grimm
Politischer Referent BME e.V.