10.06.2022Logistik & Supply Chain

Containerschiffstaus erreichen die Nordsee

Trade-Indicator-Update Mai 2022 des Kiel Institut für Weltwirtschaft: Der internationale Handel leidet wieder stärker unter den Staus und Verzögerungen der Containerschifffahrt.
© Markus Distelrath/pixabay.xom

Das jüngste Daten-Update des Kiel Trade Indicator für Mai weist für den Welthandel im Vergleich zum Vormonat ein leichtes Minus von einem Prozent aus (preis- und saisonbereinigt). Auch für Deutschland sind die Indikatorwerte nur schwach ausgeprägt, die Exporte liegen im roten Bereich (-1,2 Prozent), die Importe im grünen (+1,6 Prozent), informiert das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW).

Ein ähnlich uneinheitliches und wenig eindeutiges Bild zeige sich für die EU (Exporte: -1 Prozent; Importe: +0,4 Prozent) und für die USA (Exporte: -1,3 Prozent; Importe: +1,8 Prozent). China steche unter den großen Volkswirtschaften im Mai positiv hervor, was allerdings auch am schwachen April liegen dürfte. Im Vergleich dürften die Exporte leicht (+2,1 Prozent), die Importe sogar deutlich (+7 Prozent) gestiegen sein, heißt es weiter.

„Insgesamt zeigt sich der Maihandel eher verhalten und setzt die Seitwärtsbewegung der letzten Monate fort. Der internationale Handel leidet jedoch wieder stärker unter den Staus und Verzögerungen der Containerschifffahrt, die nun auch die Nordsee erreicht haben“, so Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.

Erstmals seit Ausbruch der Pandemie stauen sich Containerschiffe auch in der Nordsee vor den Häfen Deutschlands, Hollands und Belgiens. Hier stecken gegenwärtig knapp zwei Prozent der globalen Frachtkapazität fest und können weder be- noch entladen werden. In der deutschen Bucht warten etwa ein Dutzend große Containerschiffe mit einer Kapazität von insgesamt etwa 150.000 Standardcontainern auf das Anlaufen in Hamburg oder Bremerhaven. Vor den Häfen Rotterdam und Antwerpen sei die Lage noch dramatischer. Dagegen habe sich der Containerschiffstau vor Los Angeles bzw. vor dem südlichen Kalifornien wieder gänzlich zurückgebildet.

Vor Shanghai und der angrenzenden Provinz Zheijang seien gegenwärtig sogar über drei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau gebunden. Dafür konnten aber wieder mehr Schiffe den vom Lockdown betroffenen Hafen Shanghai verlassen; in der zweiten Maihälfte lagen die Abfahrten auf vergleichbarem Niveau zu Chinas übrigen Häfen. Gegenwärtig liegen sie allerdings wieder rund 15 Prozent darunter. Bisher sind laut IfW-Angaben wegen des Lockdowns in Shanghai Exporte im Wert von bis zu 700 Millionen Euro von China nach Deutschland entfallen.

„Dass in den vergangenen Wochen Exporte Shanghais trotz Lockdown-Maßnahmen wieder gestiegen sind, zeigt aber auch, dass die Firmen dort in den Startlöchern stehen und bei einer Beendigung des Lockdowns die Produktion wohl wieder schnell hochfahren können“, so Stamer.

Insgesamt stecken derzeit über elf Prozent aller weltweit verschifften Waren im Stau. Im Roten Meer – der wichtigsten Seehandelsroute zwischen Asien und Europa – sei die Lücke zwischen zu erwartenden und tatsächlich verschifften Frachtmengen auf rund 16 Prozent angewachsen, nachdem sie sich im Februar nahezu geschlossen hatte.