17.05.2023International

Deutsche Firmen investieren mehr als 100 Milliarden Euro in China

IW Köln: Die größte Volkswirtschaft Europas ist stark in China verwurzelt. Es gibt bisher kaum Bemühungen, sich unabhängiger zu machen. Warum die Lage trotzdem differenziert betrachtet werden muss.
Im deutschen Handel mit China ist laut IW-Einschätzung in den vergangenen Jahren ein Ungleichgewicht entstanden. © Wolfgang Schröpfer/pixabay.com

Deutsche Unternehmen investieren mehr als je zuvor in China: 2021 hatten sie nach neuen Zahlen der Deutschen Bundesbank schon einen Bestand an Direktinvestitionen von fast 103 Milliarden Euro dort aufgebaut und damit erstmals die 100-Milliarden-Schwelle überschritten. 2022 kamen weitere 11,5 Milliarden hinzu, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in einem aktuellen Lagebericht.

Dabei gebe es etliche geopolitische Risiken. So drohe der Taiwan-Konflikt zu eskalieren, mit der zweiten Großmacht USA liefere sich China ein Kräftemessen. Selbst die EU mahne eindringlich zum sogenannten De-Risking.

Wie verflochten sind die deutschen Firmen mit China bei Auslandsinvestitionen?

Deutsche Unternehmen investieren seit Jahren Milliarden in China – 2022 dürfte der Bestand an Direktinvestitionen auf schätzungsweise rund 114 Milliarden Euro angewachsen sein. Das entspricht den IW-Angaben zufolge rund 7,2 Prozent aller ausländischen Investitionen der deutschen Wirtschaft. Der Wert sei seit 2020 konstant. Allerdings steige der absolute Wert – ähnlich wie bei sonstigen ausländischen Direktinvestitionen.

Ist die gesamte deutsche Wirtschaft abhängig von China?

Nein, das lasse sich so pauschal nicht sagen. Nur rund drei Prozent der gesamten deutschen Arbeitsplätze seien direkt oder indirekt vom Export nach China abhängig; selbst in der Industrie seien es weniger als sechs Prozent. Auch auf der Importseite sei China nur ein Partner von vielen. Nach wie vor handele Deutschland mit zahlreichen Partnern. Und zudem spiele auch die deutsche Wirtschaft selbst als Abnehmer und Lieferant eine wichtige Rolle, was Chinas Relevanz auch mindere.

Also kein Grund zur Sorge?

Leider doch. Vor allem die Entwicklung sei schwierig: Im Handel mit China ist laut IW-Einschätzung in den vergangenen Jahren ein Ungleichgewicht entstanden. Die Importe aus China seien stark gestiegen, die Exporte kaum. Damit erhöhe sich bei einzelnen Produkten die ohnehin schon bestehende große Abhängigkeit noch weiter. So kämen Seltene Erden und einige pharmazeutische und chemische Grundstoffe fast ausschließlich aus China. Das mache Deutschland im geopolitischen Konfliktfall erpressbar.

Was ist die Lösung?

De-Risking sei unvermeidlich. Gerade bei besonders betroffenen Lieferketten müsse die Abhängigkeit reduziert werden. Die Wirtschaft müsse sich nach alternativen Quellen umschauen. Studien belegen, dass sich Deutschland es durchaus leisten könnte, den Handel mit China allmählich und über ein paar Jahre zu reduzieren. Das erscheine alternativlos: Nur mit deutlich mehr Diversifizierung könne das Abhängigkeitsrisiko ausreichend verringert werden.

Der BME-Expertenkreis kommt zu folgender Einschätzung: Laut einer im März 2023 erstellten Sourcing-Analyse wollen derzeit nur wenige deutsche Firmen ihre Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik verringern. Lesen Sie mehr dazu hier…

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Frank RöschChefredakteur BIP und eSolution Report+49 6196 5828-155frank.roesch@bme.de