18.05.2022China/Asien/ASEAN

Einkäufer sorgen sich um China-Geschäft

Die chinesische Zero-Covid-Strategie ist eine Belastungsprobe für die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen: Es werden bereits Beschaffungsvolumina innerhalb Asiens verlagert, deutsche Unternehmen überdenken Investitionen für Projekte in China.
Die chinesische Zero-Covid-Strategie wird für in China aktive deutsche Unternehmen zur Belastungsprobe.© user6702303/freepik

Die anhaltende Zero-Covid-Politik Chinas führt bei deutschen Unternehmen mit China-Geschäft zunehmend zu Unmut. Wie von Vertretern des BME-Expertenkreises China, der ein Einkaufsvolumen von rund 12 Milliarden Euro repräsentiert, zu hören war, sieht sich neben der signifikant gefallenen Termintreue ein Großteil der in China aktiven BME-Mitgliedsunternehmen durch die rasant gestiegen Fracht- und Logistikkosten zusätzlich belastet. Die dramatisch gesunkenen Frachtkapazitäten aus China nach Deutschland beeinträchtigten darüber hinaus die Warenverfügbarkeit und die Produktionsabläufe: Häfen in China können teilweise nicht unter Vollauslastung arbeiten, das allgegenwärtige Risiko von Hafensperrungen verschärft die Situation zusätzlich.

In einer BME-Blitzumfrage gab mehr als die Hälfte der Unternehmen an, sich durch die aktuellen Reiserestriktionen nach China in ihren Geschäftsabläufen beeinträchtigt zu fühlen. Auditierungen von Lieferanten oder Inbetriebnahmen von Maschinen und Anlagen wären ohne Beteiligung der Zentrale in Deutschland schwer bis nicht umsetzbar. Neuprojekte müssten verschoben oder abgesagt werden. Ebenfalls beklagen die Unternehmen, dass der Aufbau von neuen Lieferantenstrukturen in China aktuell fast nicht möglich sei. Wachstumschancen könnten hierdurch nicht genutzt werden.

Unsere Mitglieder sehen eine verlässliche Supply-Chain-Kostenkalkulation nicht mehr gewährleistet.

Riccardo KurtoChina-Beauftrager des BME e.V.

Materialversorgung in Gefahr

Instabile Lieferketten sind für knapp die Hälfte der Unternehmen ein zusätzliches Risiko und stellen sie vor finanzielle Herausforderungen. Um den Risiken von Produktionsausfällen entgegenzuwirken, wurden für Warengruppen aus China in den vergangenen zwei Jahren die Lagerbestände deutlich erhöht – je nach Warengruppe zwischen 30 und 70 Prozent.

„Unsere Mitglieder zweifeln die Zuverlässigkeit der Materialversorgung aus China zunehmend an und sehen eine verlässliche Supply-Chain-Kostenkalkulation nicht mehr gewährleistet“, schlägt Riccardo Kurto, China-Beauftragter des BME e.V., Alarm. Eine anhaltende Zero-Covid-Strategie der chinesischen Regierung würde zwangsweise dazu führen, dass alternative Beschaffungsmärkte außerhalb Chinas erschlossen werden müssten. Beschaffungsvolumen werden bereits heute innerhalb Asiens verlagert, ein Weg zurück würde nur sehr langsam umzusetzen sein. „Aber auch Verlagerungstendenzen für Produktionsstandorte sind bereits erkennbar und Investitionen für Projekte in China werden überdacht. Kurzum: Der Zero-Covid-Ansatz ist eine Belastungsprobe für die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen“, so Kurto.