Einkauf wird zum Hebel für Zukunftsfähigkeit
BME-Bundesvorstandsvorsitzender Martin Müller-Raidt hat am Mittwoch (12.11.2025) in Berlin das 60. Symposium Einkauf und Logistik mit rund 1.300 Teilnehmenden, 190 Rednern sowie 130 Partnern und Ausstellern eröffnet. Die größte Netzwerkveranstaltung des Fachverbandes endet am Donnerstag (13.11.2025).
„Zunehmende geopolitische Spannungen, sich verschärfende Handelskonflikte, fragile Lieferketten und die anhaltende Konjunkturschwäche fordern den Einkauf heraus. Diese Herausforderungen treffen alle: Unternehmen, Branchen und ganze Volkswirtschaften. Gerade in diesen schwierigen Zeiten erweist sich die strategische Stärke unseres Berufsstandes“, betonte BME-Vorstandsvorsitzender Martin Müller-Raidt am Mittwoch in seiner Eröffnungsrede.
Der Einkauf sei Garant für Stabilität. Denn er sorge dafür, dass Unternehmen handlungsfähig blieben, auch wenn die Welt ins Wanken gerate. Doch der Einkauf sei nicht nur Krisenmanager, sondern auch Innovator. Er entscheide, mit welchen Partnern Unternehmen zusammenarbeiten, welche Materialien eingesetzt werden, welche Technologien entstehen können. Wer nachhaltige Lieferketten aufbaue, reduziere nicht nur Risiken, sondern fördere aktiv Innovation, Klimaschutz und gesellschaftliche Verantwortung. Er gestalte Transformation: hin zu fairen, klimafreundlichen und digitalen Wertschöpfungssystemen. Studien zeigten, dass Unternehmen mit nachhaltigem Beschaffungsmanagement langfristig profitabler und resilienter sind. Müller-Raidt: „Der Einkauf wird damit zum Hebel für Zukunftsfähigkeit – im eigenen Unternehmen und in der gesamten Wirtschaft.“
Mit Blick auf das 60. Jubiläum des Symposiums Einkauf und Logistik erinnerte der BME-Bundesvorstandsvorsitzende an dessen Anfänge. Bei seinem Start sei das Symposium eine Veranstaltung mit gerade einmal rund 100 Teilnehmenden gewesen. Heute nähmen daran über 1.300 Gäste teil. Diese Entwicklung spiegele die wachsende Bedeutung des Einkaufs wider und zeige, wie eng die Geschichte des Symposiums mit der des BME verbunden ist. Damals wie heute gelte: Der Einkauf erkenne frühzeitig Trends; er reagiere nicht nur, sondern gestalte aktiv mit.
Vor dem Hintergrund des anhaltenden Aggressionskrieges Russland gegen die Ukraine ging Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des ifo Instituts, in seiner Keynote zunächst auf die derzeitige Wehrhaftigkeit Deutschlands ein. Er sei „entsetzt, wie die Bundeswehr in den vergangenen Jahren heruntergekommen“ sei, fügte der Ökonom hinzu. Wir müssen darauf hoffen, dass die Amerikaner uns schützen, und gerade die drohen damit, sich vom Acker zu machen“, so Sinn weiter. US-Präsident Trump habe 2024 das unbedingte NATO-Beistandsversprechen aufgekündigt, indem er sagte, er verteidige „nur, wenn wir zahlen“.
Der einzige Weg, um dem Krieg in der Ukraine Einhalt zu gebieten und den Russen ein Stoppschild vorzusetzen, sei laut Sinn „dass der Westen seine Armeen zusammenschließt". Er plädiere dafür, „den europäischen Bund zu schaffen“ als einer Einrichtung außerhalb der EU mit den willigen europäischen Ländern, die ihre Armeen unter ein einheitliches Kommando stellen“. Und weiter: „Dieser Bundesstaat – beschränkt auf militärische Kompetenzen – müsste von einem eigenen demokratisch gewählten europäischen Parlament kontrolliert werden.“
Über den im August 2025 veröffentlichten EU-weiten Bankenstresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) informierte Dr. Stephan Bredt, Chief Operating Officer der Deutschen Bundesbank. Der Test umfasste 64 Banken aus 17 Ländern und simulierte ein anspruchsvolles Szenario mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und steigender Arbeitslosigkeit. Die Ergebnisse, die im August 2025 veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Kapitalpuffer der beteiligten Banken, einschließlich der deutschen Institute, die regulatorischen Anforderungen erfüllen.
Wie im Finanzsektor sollte es Bredt zufolge auch für hiesige Unternehmen einen Stresstest geben. Denn diese zeigten, dass die Banken mit Krisen erfolgreich umgehen können. Warum solle das nicht auch ein wirksames Instrument für die Wirtschaft sein, fragte Bredt an die Adresse der im Saal anwesenden Einkäufer, Logistiker und Supply Chain Manager. Damit ließen sich in den Firmen drohende Risiken wie der Ausfall benötigter Lieferungen von kritischen Rohstoffen und Technologien wirkungsvoll bekämpfen. Supply Chains könnten mithilfe dieser im Bankensektor bewährten Frühwarnsystemen deutlich an Resilienz und Stabilität gewinnen, so Bredt abschließend.
„Neue Gesetzgebungen und sich dramatisch verändernde Umfeldbedingungen, globale Herausforderungen, neue Weltordnung, Pandemien, Krisen, Kriege, Zölle, technologische Entwicklungen durch KI und Digitalisierung führen zu steigender Komplexität in Unternehmen und zunehmenden Herausforderungen für den Einkauf. Die Welt verändert sich immer schneller“, sagte Marianne Heiß, Aufsichtsrätin der Audi AG, Porsche SE, Paysafe Limited, Palfinger AG und Beirätin bei Ritter Sport im Eröffnungsplenum des diesjährigen BME-Symposiums. Heute seien Strukturen und Systeme, die über Jahrzehnte funktioniert hätten, infrage gestellt. Neue Technologien und Risiken forderten von den Unternehmen jetzt verstärkte Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft. Der Einkauf könne diesen Wandel aktiv mitgestalten und habe auf die Risiken und Herausforderungen zu reagieren. Angesichts seiner Schlüsselstellung und Türöffner-Funktion komme dem Einkauf eine zunehmende strategische Bedeutung für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmens zu.
Künstliche Intelligenz verändere den Einkauf schon heute tiefgreifend. Sie werde bereits erfolgreich bei der Lieferantenrecherche eingesetzt, analysiert Nachfrageveränderungen, Preisschwankungen und Lieferantenleistungen. KI trifft Vorhersagen für die Zukunft, hilft bei der Optimierung der Beschaffungs- und Verhandlungsstrategien sowie bei der Senkung von Geschäftsrisiken und Kosten.
Heiß abschließend: „Die Komplexität im Einkauf hat dramatisch zugenommen. Während früher Kosten und Qualität relevant waren, sind es heute vor allem Unabhängigkeit, Nachhaltigkeit, Innovation und Resilienz, was zu einer nachhaltigen und strategischen Relevanz des Einkaufs führt.“
„Der Beitrag des Einkaufs zur Erhöhung der Lieferfähigkeit ist enorm. Effizienz und Termintreue sind unerlässlich“, so Marcus Gerlach, Chief Purchasing Officer der Rheinmetall AG., Der Dornröschenschlaf der vergangenen Jahre sei vorbei. Daher ist sein Rat an die zukünftige Zulieferindustrie, sich vorzeitig umfassend zu qualifizieren und Skalierbarkeit und Resilienz darzulegen, erklärte Gerlach.
„Der Einkauf wird zunehmend zum Werttreiber für unsere Organisation“, betonte Gerlach. Es gelte vor allem, Risiken zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Kapazität zu mindern, um die Lieferkette abzusichern. Qualität sei nicht teuer, sondern unbezahlbar und damit eine Chance. Umfassendes Engagement des Einkaufs bedeute für ihn, Umweltziele umzusetzen, Menschen zu schützen und Vorschriften zu erfüllen, fügte Gerlach hinzu. Die börsennotierte Rheinmetall AG mit Sitz in Düsseldorf ist ein integrierter Technologiekonzern und internationales Systemhaus der Verteidigungsindustrie. Die 40.000 Beschäftigten des Unternehmens erwirtschafteten 2024 an 174 Standorten weltweit einen Konzernumsatz von 9,8 Milliarden Euro.
Redaktioneller Hinweis für die Medien: Weitere Informationen zum 60. BME-Symposium Einkauf und Logistik finden Sie im Internet unter https://www.bme.de/. Folgen Sie uns auch auf Linkedin und Instagram.
Seit 12.11.2025 ist die aktuelle Ausgabe des BME-Fachmagazins BIP – Best in Procurement online. Titelthema des 80-seitigen ePapers ist: „60. BME-Symposium: Fit for Future!“