21.06.2022International

EP&SCE: Top-Event mit 200 CPOs europäischer Unternehmen

Von der Effizienz zur Resilienz. Der Einkauf als Rückgrat und Treiber von Innovation und Transformation in Zeiten dramatischer gesellschaftlicher und geopolitischer Veränderungen: Führungskräfte europäischer Top-Unternehmen diskutierten diese Themen am 21.06.2022 auf dem European Procurement & Supply Chain Excellence Summit des BME in Dresden.
Bühne frei für den diesjährigen European Procurement & Supply Chain Excellence Summit des BME in der sächsischen Landeshauptstadt. Die eintägige Fachkonferenz wurde von BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov am Dienstagvormittag in Anwesenheit von 200 Einkaufs- und Supply Chain Managern führender europäischer Unternehmen eröffnet.© fotografieren24/BME e.V.

Am Dienstagabend ist der diesjährige BME European Procurement & Supply Chain Excellence Summit in Dresden erfolgreich zu Ende gegangen. Zentrale Themen waren die nachhaltige digitale Vernetzung aller Glieder der Wertschöpfungs- und Lieferketten sowie Wege zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lieferketten angesichts einer schwächelnden Weltwirtschaft.

„Wir sind in diesen Tagen Zeugen dramatischer Veränderungen“, betonte BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov am Dienstagmorgen in ihrer Eröffnungsrede. Nach halbwegs überstandener Covid-19-Pandemie verursache der Einmarsch Russlands in die Ukraine den größten Umbruch in der Weltwirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. „Wir müssen uns damit abfinden, dass vor unserer Haustür Menschen in einem Krieg sterben, die Infrastruktur in großem Umfang zerstört wird, die Märkte bedenklich schwanken und die internationalen Lieferketten zu brechen beginnen. Darüber hinaus heizt der Krieg in der Ukraine die weltweite Inflation an und schwächt die Wirtschaft“, so Frau Melnikov weiter.

Noch nie seit 1945 habe es für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft so viel Gesprächsbedarf gegeben. Vor allem die Industrie könne nicht mehr nach dem Prinzip „business as usual“ vorgehen. „Denn bisherige lukrative Beschaffungsmärkte wie China müssen aufgrund anhaltender Demokratie- und Menschenrechtsverletzungen auf den Prüfstand gestellt, und alte einseitige Energiepartnerschaften wie im Falle Russlands sehr kurzfristig durch neue ersetzt werden“, erläuterte Frau Melnikov.

Die sich jetzt abzeichnenden Entwicklungen erforderten von allen neue Antworten und Denkansätze. Das gelte insbesondere für die Wirtschaft. Egal, ob Konzern oder Klein- und Mittelunternehmen, die Herausforderungen und Risiken seien für alle gleich groß. So sei gegenwärtig ein Trend zu beobachten, der weg von der Globalisierung und hin zu mehr regionalen Aktivitäten führen könnte. Für viele Unternehmen seien heute nicht mehr allein die Kosten ausschlaggebend. Mindestens ebenso wichtig seien Versorgungssicherheit und nachhaltige Beschaffung.

Damit bewege sich der Einkauf von einer jahrzehntelang praktizierten DNA der Kosteneffizienz hin zu Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Es gehe aber auch darum, den Faktor Mensch in der Lieferkette neu zu bewerten. „Es wird immer deutlicher, dass die Beschaffung die Führung übernimmt, wenn es um Innovation, Neuerfindung den eigenen Beitrag zu den Unternehmenszielen der Zukunft geht“, fügte Frau Melnikov abschließend hinzu.

Im anschließenden Plenum ging Anna-Kathrin Werkmeister, Vice President Procurement & Logistics Rolling Stock der Siemens Mobility GmbH, auf externe und interne Herausforderungen für Entscheider im Einkauf und Supply Chain Management näher ein. Dazu zählten ihrer Einschätzung nach beispielsweise das „Überleben in der VUCA-Welt“. Dabei stelle sich Einkauf und SCM die Frage, wie man mit den schnell wechselnden Anforderungen und allgemeinen Ungewissheiten umgehen soll. Eine weitere Herausforderung betreffe die Resilienz der Lieferketten. Hier gehe es darum, wie insbesondere das Procurement wirksam auf die anhaltenden Unterbrechungen der Supply Chain aufgrund der Covid-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine reagieren kann. Bei der Digitalisierung und Automatisierung komme es darauf an, wie sich Industrie 4.0 über die damit verbundenen Prozessoptimierungen hinaus für den eigenen Geschäftserfolg nutzen lassen. Der Faktor Mensch sei dabei der Schlüssel auf dem Wege zur erfolgreichen digitalen Transformation. Mit Blick auf den Einkauf sagte Frau Werkmeister laut Redemanuskript: „Als Beschaffer können wir warten, bis der Vertrieb auf uns zukommt. Oder wir führen den Wandel an und nehmen die Organisation mit.“

Nach Einschätzung von Christian Holzer, Chief Procurement Officer and Head of Supply Chain von Siemens Energy, könne der Einkauf für jedes Unternehmen ein bedeutender Wettbewerbsvorteil sein. Es komme allerdings darauf an, „wie wir es tun“.

Maayan Nissan, Head of Global Supply Chain Organization des US-amerikanischen Medizintechnik-Unternehmens Align Technology, wies in ihrem Statement auf die wachsende Bedeutung bei der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern hin. Diese sei mit Blick auf den eigenen Erfolg für jedes Unternehmen entscheidend. Die daraus resultierenden Vorteile lägen auf der Hand: Die Qualität der Produkte und Dienstleistungen steige; gleichzeitig erhöhe sich die Innovationskraft, während die Kosten optimiert würden.

Frau Nissan ging auch auf den Verhandlungsstil zwischen kooperationsbereiten Geschäftspartnern näher ein. So gebe es Unterschiede aufgrund ihrer unterschiedlichen sozialen Motive oder ihrer Interaktion mit anderen. Individualisten versuchten, ihre eigenen Erfolge zu maximieren – und das ohne Rücksicht auf ihr Gegenüber. Faire Kooperateure strebten danach, sowohl ihre eigenen als auch die Ergebnisse der anderen Parteien zu maximieren und dafür zu sorgen, dass die Ressourcen gerecht aufgeteilt werden. Dagegen hätten Konkurrenten ein Interesse daran, einen besseren Deal zu erzielen als ihr „Gegner“. Sie verhielten sich laut Nissans Redemanuskript eigennützig und hätten oft nicht das nötige Vertrauen, um Probleme gemeinsam zu lösen. Last but not least stellten Altruisten die Bedürfnisse und Wünsche ihres Gegenübers über ihre eigenen.

Notwendige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Geschäftspartnern seien gemeinsame Ziele, Vertrauen und aktives Zuhören, die Suche nach Optionen für gegenseitigen Gewinn sowie der Fokus auf Innovation.

Roland KnoorSales DirectorSponsoring+49 6196 5828-113roland.knoor@bme.de