13.06.2023Politik & Wirtschaft

Erster „Praxisdialog Lieferkettengesetz“ bricht das Eis!

BME und JARO leiten produktiven Dialog zur Umsetzung des LkSG ein. Über dessen Stand der Umsetzung in den Unternehmen diskutierten rund 20 Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Darmstadt mit BAFA-Präsident Torsten Safarik.
„Praxisdialog Lieferkettengesetz“: BME-Bundesvorstandsvorsitzende Gundula Ullah (links) und JARO-Vorstandsvorsitzende Yvonne Jamal (rechts) bei der Eröffnung des neuen Veranstaltungsformats in Darmstadt. © Benjamin Schenk/BME e.V.

Das wichtige Thema „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ wird vom BME konsequent vorangetrieben: Am Dienstag luden der Einkäuferverband und das JARO Institut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung e.V. erstmals zum „Praxisdialog Lieferkettengesetz“ ins Darmstädter Wissenschafts- und Kongresszentrum ein. Mehr als 20 Einkaufsentscheider verschiedener Branchen, darunter Automobilindustrie, Finanzwesen, Chemische Industrie, Bau, Energieversorgung, Handel und Medien, nahmen daran teil.

Ziel des Praxisdialogs ist die Förderung eines offenen Austausches zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft, um die Anforderungen an das seit 1. Januar 2023 geltende Gesetz aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten.

„Zur bestmöglichen Unterstützung unserer Mitglieder und um ihre bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung des LkSG zu spiegeln, sind wir heute in den Praxisdialog mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) getreten“, sagte BME-Bundesvorstandsvorsitzende Gundula Ullah bei der Eröffnung des neuen Veranstaltungsformats. Das BAFA hatte im Oktober 2022 den ausführlichen Fragekatalog zur Berichtspflicht der Unternehmen vorgestellt und jüngst angekündigt, ab 1. Juni 2024 erste Stichproben zu den Berichten und deren Veröffentlichung durchzuführen.

„Viele unserer Mitgliedsunternehmen sind bei der Umsetzung des LkSG schon gut vorangekommen. Das betrifft vor allem Konzerne. Dagegen tun sich Klein- und Mittelunternehmen hier noch etwas schwer“, so Ullah weiter. KMU fehlten häufig die Ressourcen. Deshalb bietet der BME seinen Mitgliedern und Partnern zahlreiche Hilfestellungen in Form von Trainings und Seminaren an.

„Das BAFA sieht sich in der Verantwortung, die Wirtschaft in der Umsetzung des Gesetzes nicht in ihrer Kerntätigkeit zu behindern, sondern eher zu befähigen, sich mit Menschenrechten und Umweltschutz zu befassen“, betonte BAFA-Präsident Torsten Safarik in seiner Begrüßungs-Keynote. Dazu gehöre auch der Austausch mit dem BME und den Fragen seiner Mitglieder, um das Gesetz gemeinsam erfolgreich umzusetzen.

Nach Einführung des LkSG am 1. Januar 2023 habe das BAFA zahlreiche Aktivitäten gestartet, um den betroffenen Firmen helfen zu können. So seien bereits eine Reihe wichtiger BAFA-Dokumente online abrufbar. Dazu zählten unter anderem die „Handreichung zur Risikoanalyse“ (diese unterstützt die Unternehmen dabei, ihren gesetzlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen), die „Handreichung zum Beschwerdeverfahren in Unternehmen“ sowie der „Fragenkatalog zur Berichterstattung für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ (damit können Unternehmen prüfen, wie sie seit Januar 2023 ihrer Berichtspflicht vollständig nachkommen können).

Das BAFA selbst profitiere dabei von einem sechsköpfigen Beirat aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft, der das in Eschborn ansässige Bundesamt bei der Umsetzung des LkSG unterstützt.

JARO-Vorstandsvorsitzende Yvonne Jamal sprach sich in ihrem Statement für eine konsequente Umsetzung des LkSG in den Unternehmen aus. Dabei dürfe insbesondere der Nachhaltigkeitsaspekt trotz bestehender Probleme wie hoher Energiepreise, stockender Lieferketten und anhaltender Inflation nicht vernachlässigt werden. Hier sei jetzt vor allem der Einkauf gefordert.

Jamal weiter: „Diese Veranstaltung zeigt einmal mehr, wie wichtig ein konstruktiver interdisziplinärer Austausch ist, um eine nachhaltige Beschaffung in der Praxis zu etablieren. Menschenrechte sind nicht verhandelbar und die planetaren Grenzen physikalisch gegeben – das sind die Leitplanken für die Beschaffung und die damit verbundenen Lieferketten, die zunehmend auch vom Gesetzgeber definiert werden. Für die erfolgreiche Umsetzung bedarf es dazu eines gezielten Kompetenzaufbaus in den Beschaffungsorganisationen und bei den Lieferanten, eine konsequente Integration der Nachhaltigkeit in die Einkaufsprozesse, sowie eine stärkere globale Kollaboration der Wirtschaft mit Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.“

Im Rahmen des Praxisdialogs erfolgten Impulsvorträge von Christian Staab, VP Global Purchasing and Global Supply Chain des US-amerikanischen Automobilzulieferers BorgWarner Drivetrain and Battery Systems, zum Umsetzungsstand sowie den Herausforderungen rund um das LkSG in einem globalen Kontext.

Eva Maria Reinwald, Fachpromotorin für globale Wirtschaft und Menschenrechte bei Südwind e.V., wies danach aus Sicht der Zivilgesellschaft auf die Relevanz der Einhaltung von Menschenrechtsstandards in den globalen Lieferketten hin. Sie vertrat die Ansicht, dass der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen nicht allein durch das Ausfüllen eines Fragebogens genüge getan werde. Vielmehr müssten sich vor Ort die Bedingungen in den Produktionsländern ändern, fügte Reinwald hinzu.

Im Anschluss an den Praxisdialog wurde am Dienstagnachmittag der BME-Sustainability-Summit 2023 mit mehr als 200 Teilnehmenden in Darmstadt eröffnet. Die erstmals als zweitägiges Event organisierte Fachveranstaltung beleuchtet komplexe Herausforderungen, denen sich die Beschaffung in deutschen Unternehmen zu stellen hat.

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