29.11.2021Politik & Wirtschaft

Industrie leidet unter Produktionsstörungen

Die deutsche Volkswirtschaft konnte sich 2021 nicht so gut entwickeln wie erwartet. Aktuell beeinträchtigen Materialmangel und stark steigende Infektionszahlen den Erholungsprozess. Das zeigt die neue Konjunkturprognose des IW Köln.

Hohe Infektionszahlen, Materialengpässe, teure Energie und steigende Verbraucherpreise: Nach wie vor belasten die Pandemie und damit einhergehende Transport- und Produktionsprobleme die Wirtschaft. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln geht in seiner aktuellen „Konjunkturprognose Winter 2021“ gleichwohl davon aus, dass das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um knapp vier Prozent wachsen wird – nach nur 2,5 Prozent in diesem Jahr. Voraussetzung dafür sei, dass die bestehenden Materialknappheiten im Jahresverlauf gedeckt werden und rasche Impffortschritte erzielt werden. Nur so gewinnen Konsum und Investitionen wieder an Fahrt, heißt es in einer IW-Pressemitteilung. Lieferengpässe und hohe Energie- und Rohstoffpreise haben laut IW-Angaben die Produktionskosten der Unternehmen und damit auch die Inflationsrate nach oben getrieben. In diesem Jahr werden die Verbraucherpreise um rund drei Prozent ansteigen, heißt es weiter. Für 2022 rechnen die IW-Konjunkturforscher mit einer niedrigeren Inflation von knapp 2,5 Prozent. Und auch die Probleme am Arbeitsmarkt dürften im kommenden Jahr überwunden werden: Vieles deute sogar darauf hin, dass die Zahl der Erwerbstätigen den Vorkrisenstand übertreffen wird. Die Arbeitslosenquote werde voraussichtlich von 5,75 Prozent auf 5,25 Prozent sinken.  Entscheidend für die Entwicklung sei aber, ob das ständige Stop-and-go des Wirtschaftslebens 2022 endlich ein Ende finde. Erneute Lockdowns gelte es unbedingt zu vermeiden. Wie das IW Köln in seiner aktuellen Konjunkturprognose weiter feststellt, funktionieren die international aufgestellten Produktionsprozesse der deutschen Industrie derzeit nicht in gewohnter Weise. Für diese Produktionsstörungen gebe es eine Reihe von gleichzeitig wirksamen Gründen: Die globale Warenlogistik leide weiterhin unter der Corona-Pandemie. Nach der Ausbremsung der Weltwirtschaft im Frühjahr 2020 musste zunächst vieles nachgeliefert werden, heißt es weiter. Hauptsächlich auf dem Schiffsweg von Fernost nach Europa und in die USA stocke es nach wie vor, weil Häfen wegen Corona-Infektionen geschlossen werden, Schiffe nicht im gewohnten Zeitrahmen gelöscht und bestückt werden können, Schiffsbesetzungen fehlen oder Container nicht an der richtigen Stelle sind. Dies zeige, dass letztlich die Funktionsfähigkeit der internationalen Zulieferketten auch davon abhänge, ob und inwieweit die verschiedenen Corona-Strategien die Pandemie rund um den Globus erfolgreich niederringen können. Zu diesen Logistikstörungen komme hinzu, dass die Pandemie in einigen Branchen – beispielsweise in der Medizin- und Kommunikationstechnik – die globale Nachfrage angetrieben und in Kombination mit den durch den Lockdown bedingten Produktionskürzungen zu vorübergehenden Knappheiten und Lieferproblemen geführt habe. In anderen Industrien, etwa der Petro-Chemie, sei es durch den Lockdown im Frühjahr 2020 zuerst zu einem Nachfrageeinbruch und dann zu einer unerwartet schnellen Erholung gekommen. In jüngster Zeit bestünden zusätzliche Risiken bei der Versorgung mit Gas. Eine besondere Rolle bei diesen angebotsseitigen Störungen komme den Halbleitern zu. Sie seien in der boomenden Telekommunikations- und Unterhaltungselektronik bedeutsam. Aber auch bei modernen Investitionsgütern und beim Fahrzeugbau seien diese Bauteile notwendig. Die Automobilfirmen müssten sich nach den durch die Pandemie durcheinander geratenen Bestellrhythmen seit Anfang dieses Jahres im Gefolge der wieder anziehenden Weltkonjunktur gegenüber einer vielzähligen Konkurrenz behaupten. Einzelereignisse wie der Brand von Halbleiter-Fabriken und Unwetterkatastrophen verschärften zwischenzeitig die Engpässe und damit die Produktionsstörungen.