09.10.2025Politik & Wirtschaft

Lieferkettentag 2025: Deutschlands Antwort auf eine Welt im Wandel

Unter dem Motto „Daten, Märkte, Wandel im Epochenbruch“ versammelten sich am 08.10.2025 führende Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum Lieferkettentag der Verbände BME, Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) und dem MITTELSTANDSVERBUND – ZGV e.V. in Berlin.
Lieferketten im Fokus: Beim Lieferkettentag 2025 in Berlin diskutierten Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über Strategien für mehr Resilienz und Souveränität in einer Welt im Wandel. Bild: Kamil Janus/BGA.

Die Veranstaltung in der Bundeshauptstadt stand ganz im Zeichen der globalen Umbrüche, die internationale Lieferketten zunehmend unter Druck setzen: Handelskonflikte, geopolitische Machtverschiebungen und wirtschaftlicher Protektionismus markieren einen tiefgreifenden Wandel der Weltordnung.

Welt in Aufruhr: Die deutsche Antwort

In ihrer Keynote betonte Serap Güler MdB, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, dass sich die geopolitischen Spielregeln verändert haben. „Wir befinden uns in einer Welt im Wandel: die systemische Konkurrenz mit China, das transatlantische Handelsgebaren mit neuer Agenda – da sind verlässliche Rahmenbedingungen von Nöten, um Freiheit, Sicherheit und Wohlstand zu wahren.“

Sie zeigte die Vielzahl an möglichen bilateralen Handelspartnern auf, mit denen die Bundesregierung in Gesprächen ist, um die Materialwirtschaft in Deutschland zu stärken. Denn gerade das Beispiel Seltener Erden zeige, wie kritische Abhängigkeiten ganze Wirtschaftszweige lahmlegen können. Ziel der Handelspolitik sei es daher, Lieferketten zu diversifizieren und die außenpolitische Souveränität Deutschlands zu stärken. Dazu rief die Staatsministerin die Wirtschaft zur aktiven Mitwirkung auf: Unternehmen sollten investieren, diversifizieren, kritische Infrastrukturen sichern und Cybersicherheit stärken.

„Wir müssen die globale regelbasierte Ordnung verteidigen – an allen Fronten,“ so Serap Güler. Die Außenpolitik heute denke Wirtschaftssicherheit mit, beispielsweise durch aktive Rohstoffaußenpolitik.

Doch selbstverständlich gelte es auch, das Potenzial des Binnenmarkts vollständig zu heben, anstatt mit kleinteiliger Bürokratie zu behindern. Ein Satz, der im Publikum auf große Zustimmung stieß.

Kampf der Systeme: Demokratie vs. Autokratie

Tilman Kuban MdB, Mitglied in den Ausschüssen für EU, Wirtschaft und Auswärtiges, sprach in seiner Analyse anschließend Klartext: „Zur Wahrheit gehört auch, dass wir in den letzten Jahren auf Kosten anderer gelebt haben – sicherheitspolitisch mit den USA im Rücken, wirtschaftlich durch billiges Gas aus Russland.“ Nun gelte es, einen attraktiven Gegenpol zu Autokratien zu schaffen.

Kuban betonte, dass Demokratien zwar mehr Zeit für Entscheidungsfindung bräuchten, dies aber Vertrauen schaffe. Sein Appell: „Wir müssen wieder mehr Maß und Mitte finden.“ Erste Schritte seien getan, doch der Weg sei noch lang. Er verwies auf das Meldeportal für überflüssige Bürokratie, das Unternehmen entlasten soll.

Finanzierung im Epochenbruch

Den Nachmittag des Lieferkettentages eröffnete Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DEKA-Bank in Frankfurt, mit seiner Einordnung der Stabilität und Finanzierung internationaler Handelsströme und zur Rolle des US-Dollars als Leitwährung.

Bei genauerer Analyse der Trump-Politik werde klar, das Ganze hat Methodik: Es handele sich laut Kater faktisch um die Erhöhung der Prämie, die die Regierung Donald Trumps für ihren Support verlange.

Im Realitätscheck, welche Auswirkungen die vergangenen Monate der Trump-Regierung hatten, zeige sich: Die Weltwirtschaft und der Welthandel laufen weiter, die Aktienmärkte sind nicht zusammengebrochen. Die alte Volkswirtschaftslehre zu Zollregimen scheint damit wieder bestätigt worden zu sein: 10 bis 15 Prozent Zölle als theoretischer Grenzwert, bis zu dem Welthandel noch funktioniert. Ein gewisser Protektionismus schadet nach Einschätzung Dr. Ulrich Katers offenbar nicht. Wobei nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass bisher nur der Güterhandel betroffen sei, mithin also nur ein Drittel der Weltwirtschaft.

Bei generischer Draufsicht wurden große Aggregate, weltweites Wachstum und weltweiter Handel nicht wesentlich tangiert. Prognosen hier und da sind tendenziell leicht optimistisch. Hintergrund ist, dass Handelsströme um die USA herum gelegt wurden. Denn die Strukturänderung hinter all dem sind massiv. Man könne also eher von „einem größeren Ausmaß an Reglobalisierung als einer Deglobalisierung sprechen“, so Dr. Ulrich Kater.

Das Ziel von Donald Trump sei eine faire Bewertung des Dollars, der Wert von US-Staatsanleihen müsse sichergestellt werden, weil der US-Dollar als Leitwährung zurückgedrängt wird. Zusätzliche Instabilitäten aus der US-Gemengelage seien wahrscheinlich nicht zu erwarten.

Was allerdings zum Problem werden kann, sei überbordende Staatsverschuldung. „Wir haben keine Krise, sondern einen Strukturwandel,“ hob Dr. Ulrich Kater. Denn am Ende sind nicht Donald Trump und die Geopolitik die größten Herausforderungen unserer Zeit, sondern interne Herausforderungen wie der demographische Wandel, Bürokratie und mangelnde Flexibilität. Der Experte endete seinen Vortrag mit einem Aufruf, der passgenau die Erkenntnisse des Lieferkettentags untermauerte: Lassen Sie uns handeln und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange stehen!

Fazit: Resiliente Lieferketten in einer demokratischen Grundordnung sind Garanten für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand

Der Lieferkettentag 2025 unterstrich: Die geopolitischen Spielregeln haben sich verändert. Deutschland steht vor der Herausforderung, seine wirtschaftliche Resilienz neu zu definieren. Die gemeinsame Zielsetzung bleibt klar: Freiheit, Sicherheit und Wohlstand – getragen von einer souveränen Außenpolitik und einer aktiven, verantwortungsvollen Wirtschaft.

Vorabendempfang in der Landesvertretung Hamburg

Noch bevor der Lieferkettentag am 8. Oktober 2025 seine Türen öffnete, startete das diesjährige Programm des Lieferkettentags mit einer Premiere: Erstmals luden die Veranstalter am 7. Oktober 2025 zu einem Vorabendempfang in die Landesvertretung der Freien und Hansestadt Hamburg in Berlin.

Auch Im Rahmen des Empfangs wurde eindrucksvoll vor Augen geführt, wie komplex und gleichzeitig wie essenziell die globalen Liefernetzwerke geworden sind:

„Lieferketten sind längst nicht mehr nur logistische Prozesse – sie sind strategische Lebensadern unserer Wirtschaft“, unterstrich Gunnar Schmidt, Finanzvorstand des BME und COO bei Löwenstein Medicals, in seinem Grußwort. Unterbrochene Lieferketten wirkten wie ein Dominoeffekt – sie treffen Produktion, Preise und Jobs in den Volkswirtschaften und schlagen gleichzeitig auf Lebensstandard und gesellschaftliche Stabilität durch.

Dr. Peter Bielert, Geschäftsführer der F. REYHER Nchfg. GmbH & Co. KG, schilderte anschließend am Beispiel des Schraubengroßhandels eindrucksvoll die geopolitischen Zusammenhänge und Abhängigkeiten. „Das Fehlen einer kleinen Schraube aufgrund von Lieferkettenproblemen in China oder Taiwan wird am Ende zum Produktionshindernis in Deutschland,“ brachte es Peter Bielert in seiner Analyse beim Vorabendevent auf den Punkt.

Ihre Kontaktperson

Mirjam Zeller
Geschäftsführerin BME Marketing GmbH