Politik Update des BME: Orientierung in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation und regulatorischer Neuordnung
Deutschland ringt um seine wirtschaftliche Dynamik. Nach mehreren Jahren schwachen Wachstums, einer zwischenzeitlichen Rezession und anhaltender Stagnation zeigt sich die größte Volkswirtschaft Europas zwar stabil genug, um externe Schocks abzufedern – für einen echten Aufbruch fehlt jedoch weiterhin die Kraft. Hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, geopolitische Spannungen und eine ausgeprägte regulatorische Komplexität stellen Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Für Einkauf, Supply Chain Management und Logistik ist dies längst kein konjunkturelles Zwischentief mehr, sondern ein struktureller Belastungstest für Geschäftsmodelle und Lieferketten.
Das im Dezember 2025 erschienene zweite Politik Update des BME greift diese Gemengelage auf und ordnet die zentralen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ein. Ziel ist es, der BME-Community Orientierung zu geben und konkrete Handlungsoptionen für die Praxis aufzuzeigen.
Der „Patient Deutschland“: stabil, aber ohne Aufbruch
Im wirtschaftlichen Teil des Politik Updates zeichnet der BME ein nüchternes Bild: Deutschland verharrt in einem „milden Stillstand“. Schwache Exporte, eine anhaltende Industrieschwäche und gedämpfte Investitionen bremsen das Wachstum. Zwar stabilisieren steigende Realeinkommen und ein etwas robusterer Konsum die Konjunktur, doch strukturelle Probleme – von hohen Standortkosten bis zu schleppenden Genehmigungsverfahren – verhindern bislang eine nachhaltige Erholung. Für die kommenden Jahre sehen Prognosen lediglich moderates Wachstum, verbunden mit dem klaren Appell, Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsbedingungen im Inland zu stärken.
Lieferkettengesetz im Wandel: Entlastung mit Augenmaß
Ein zentrales Thema ist der jüngste Kurswechsel beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Mit der Neujustierung des Vollzugs durch das BAFA werden Unternehmen spürbar entlastet: Prüfungen von Berichten werden ausgesetzt, bestimmte Bußgeldtatbestände entfallen, der Fokus liegt künftig auf schweren Verstößen. Gleichzeitig bleibt klar: Das LkSG ist eine Übergangsnorm auf dem Weg zur europäischen Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Für Einkaufsverantwortliche bedeutet dies mehr Luft im Tagesgeschäft, aber keinen grundsätzlichen Rückzug aus der Verantwortung.
EUDR: Verschoben, vereinfacht – aber nicht entschärft
Auch die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) steht im Fokus des Politik Updates. Zwar zeichnen sich auf europäischer Ebene deutliche Verschiebungen der Anwendungsfristen und eine stärkere Bündelung der Pflichten beim sogenannten „First Placer“ ab. Dennoch bleibt die Grundrichtung unverändert: Entwaldungsfreie Lieferketten werden zum neuen Standard. Der BME macht deutlich, dass selbst ein Aufschub nur dann hilft, wenn Übergangsfristen genutzt werden, um Datenstrukturen, Lieferantenbeziehungen und Risikomanagementsysteme tragfähig aufzubauen.
EU auf Omnibuskurs: Entlastung ja, Strukturwandel nein
Mit den Omnibus-Paketen I bis VI reagiert die EU auf wachsende Kritik an überbordender Regulierung. Vereinfachungen bei CSRD, CSDDD, CBAM oder InvestEU sind aus Sicht des BME Schritte in die richtige Richtung. Gleichzeitig warnt der Verband davor, die Wirkung zu überschätzen: Die Regulierungsdichte wird nicht zurückgedreht, sondern neu sortiert. Für Unternehmen im Einkauf heißt das, die politischen Prozesse aufmerksam zu begleiten und Entlastungen aktiv in die eigene Strategie zu übersetzen.
Fazit
Das zweite Politik Update des BME zeigt: Der Anpassungsdruck für Unternehmen wird zeitlich gestreckt, aber nicht aufgehoben. Wer jetzt Lieferketten, Datenflüsse und Organisation konsequent auf nachhaltige und zugleich wettbewerbsfähige Wertschöpfung ausrichtet, verschafft sich entscheidende Handlungsspielräume. Das Politik Update versteht sich dabei als Einladung, den politischen und wirtschaftlichen Wandel nicht nur zu beobachten, sondern aktiv mitzugestalten.