20.09.2022Einkaufspraxis

Strategien gegen steigende Fertigungskosten

Die digitale Beschaffung zentralisiert und automatisiert die Interaktionen entlang der Lieferkette. Bis zu 86 Milliarden Dollar könnten so allein die 5.000 weltweit größten Unternehmen jährlich einsparen.
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Industrielle Fertigungsbetriebe stehen vor Herausforderungen in bislang unbekannten Dimensionen: Nach einem Konjunktureinbruch durch gestörte globale Lieferketten und einem Labyrinth von Infektionsschutzregeln durch die Corona-Pandemie droht vielleicht bereits der nächste. Denn Deutschland ist wieder Weltmeister – diesmal bei den Energiepreisen, schreibt Kaspar Helfrich, CEO der Orderfox AG, in einem Gastbeitrag:

„Eine Prognose, wie hoch diese tatsächlich steigen werden, ist kaum möglich. Die Preisentwicklung ist hochdynamisch und es stehen politische Entscheidungen im Raum wie die Gasumlage und eventuelle Entlastungen. Bereits im Rahmen der bundesweiten IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2022 nannten zwei Drittel der insgesamt 28.000 befragten Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als ihr aktuell größtes Geschäftsrisiko. Mit 84 Prozent meldeten noch mehr Firmen zusätzlich mittlere bis erhebliche Lieferschwierigkeiten. Und seitdem sind immer neue Probleme hinzugekommen, etwa die dürrebedingten niedrigen Pegelstände der wichtigsten europäischen Wasserstraßen sowie der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland.

Auswirkungen des Krieges treffen Unternehmen

Als direkte Folge von Russlands Angriff auf die Ukraine im Februar meldeten rund 60 Prozent der Produktionsbetriebe zusätzliche Störungen in den Lieferketten und der Logistik. Steigende Kosten, Ertragseinbußen, gestiegener Planungsaufwand, Produktionsstopps, Kontingentierung bis hin zu abgelehnten Aufträgen: Die Auswirkungen der aktuellen Multikrisenlage sind für produzierende Unternehmen deutlich spürbar. Die Versorger müssen zum Beispiel Gas teuer auf den Spotmärkten zukaufen, was den Gaspreis für Endverbraucher um mehrere hundert Prozent steigen lässt. Die Folgen in den Unternehmen zeigen sich in Form von Produktionsrückgang, Preiserhöhungen oder Personalmaßnahmen. Vor allem energieintensive Betriebe erwarten für die kommenden Monate deutliche Einschränkungen oder gar einen Stopp der Produktion. Und nicht nur die Energiekosten machen den Betrieben zu schaffen. Die mittelständische Industrie muss beispielsweise dringend benötigte Vorprodukte zu drastisch gestiegenen Preisen einkaufen, die sie nur begrenzt an ihre Kunden weitergeben kann.

Die Kosten müssen runter

Für eine derart komplexe Multikrisenlage kann es kein Allheilmittel geben. Weil die Situation so außergewöhnlich ist, können die Betriebe auch nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Es gibt aber sehr wohl Stellschrauben, an denen sie ansetzen können – für interne und externe Kostenfaktoren im betrieblichen Ablauf, sowohl in den Produktionshallen wie auch in den Büro-Etagen. Wer sie identifiziert und justiert, kann zum Beispiel interne Prozesse effizienter gestalten oder Konditionen mit Vertragspartnern optimieren. Denn auch wenn vieles hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen im Unklaren liegt, ist eines klar: Die Kosten müssen sinken. Großes Einsparpotenzial bieten papierbasierte und manuell ausgeführte Prozesse. Betriebe, die geeignete Arbeitsbereiche digitalisieren und automatisieren, können viel Geld sparen.

Der Hebel ist dort besonders groß, wo viel Papier per Hand bearbeitet und bewegt wird: in den Büros. Viele Abteilungen profitieren bereits von der Digitalisierung, allen voran die Buchhaltung und das Marketing. In den Beschaffungsabteilungen dagegen sucht man digitale Tools oft noch vergeblich. In unserer sich rasant verändernden Geschäftswelt kann dies die Wettbewerbsfähigkeit erheblich schwächen. Denn analog arbeitende Betriebe sind im Einkauf schlicht nicht schnell und flexibel genug, um auf die dynamischen Marktbewegungen rechtzeitig und zum eigenen Vorteil zu reagieren. Weltweit verwalten heute noch 60 Prozent aller Unternehmen ihre Beschaffungsabteilungen mit Stift, Papier und Standardprogrammen für Tabellenkalkulation und Textverarbeitung. Gleichzeitig äußern 61 Prozent der Verantwortlichen im Beschaffungswesen, dass sie ihre höchste Priorität darauflegen, die Kosten in ihrem Arbeitsbereich zu senken. Mit 24 Prozent hat die strategische Beschaffung die zweithöchste Priorität, so die Ergebnisse des „PwC Global digital Procurement Survey“ für das Jahr 2022. An welchen Stellschrauben können Verantwortliche also ansetzen, um bei der Beschaffung Kosten zu sparen?

Spar-Tipps für das Beschaffungswesen

Die Kosten sinken, wenn unnötige Ausgaben so weit wie möglich vermieden werden. Es gibt bewährte Strategien, um dieses Ziel zu erreichen: Beschaffungsabteilungen können ihre Lieferanten konsolidieren, Einzelausgaben verringern, ihr Kategorien- und Ausschreibungsmanagement optimieren, die Risikobewertung verbessern und ungeplante Ausgaben reduzieren. Allein durch unkontrollierte Ausgaben, die nicht im Rahmen der vereinbarten Verträge getätigt werden – so genannte Maverick Spendings – gehen Unternehmen Schätzungen zufolge zehn bis 20 Prozent ihrer Mittel verloren.

Besonders in Zeiten wie diesen, in denen die schlechten Nachrichten Schlag auf Schlag kommen, muss es oft schnell gehen. Dafür eignen sich acht kurzfristige Strategien für die Kostenreduzierung: Spezifikationen hinterfragen, Betriebskosten hinterfragen, aktuelle Vertragsbedingungen überprüfen, Zulieferer bewerten, Daten nutzen, unkontrollierte Ausgaben vermeiden, Notwendigkeiten neu bewerten und vorausschauend planen.

Um den Betrieb für die Zukunft gut aufzustellen, sollten die folgenden sieben mittel- und langfristigen Strategien nicht fehlen: Auslagerung prüfen, Technologie nutzen, Category Management einführen, Beschaffung zentralisieren, Beschaffungsrisiko senken, Verbräuche reduzieren und Mitarbeitende weiterbilden.

Viele dieser Strategien lassen sich mithilfe einer digitalen Beschaffungslösung umsetzen. Sie zentralisiert und automatisiert die Interaktionen zwischen einem Betrieb, seinen Kunden und anderen Akteuren entlang der Lieferkette. Eine entsprechende Lösung spart viel Zeit und Geld im Beschaffungswesen, indem sie die zentralen Prozesse beschleunigt und effizienter macht.”

Die Orderfox AG ist ein Schweizer Start-up mit Sitz in Zürich und verbindet auf einem offenen digitalen Marktplatz für CNC-Produktionen Einkäufer in der Metallindustrie mit einem weltweit wachsenden Netzwerk von Qualitätsherstellern.