10.11.2022Politik & Wirtschaft

SVR: Energiekrise belastet deutsche Wirtschaft

Der Sachverständigenrat erwartet für 2022 nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 1,7 Prozent. Für 2023 rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem BIP-Rückgang um 0,2 Prozent.
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Die Energiekrise und die hohe Inflation belasten die Haushalte und die Unternehmen in Deutschland massiv. Daher sind Maßnahmen gegen die Energieknappheit und möglichst zielgenaue Entlastungen angezeigt. Die Finanzierung dafür muss sichergestellt werden, ohne die öffentlichen Finanzen übermäßig zu strapazieren. Geopolitische Veränderungen erfordern, dass Deutschland seine Abhängigkeiten in den Lieferketten reduziert. Der strukturelle und der demographische Wandel machen eine zielgerichtete berufliche Weiterbildung sowie eine gesteuerte Erwerbsmigration unverzichtbar. Wie man die „Energiekrise solidarisch bewältigen“ und diese „neue Realität gestalten“ kann, diskutiert der Sachverständigenrat (SVR) in seinem Jahresgutachten 2022/23 für die Bundesregierung.

Danach sei die wirtschaftliche Entwicklung im ersten Halbjahr 2022 vor allem durch den noch steigenden Dienstleistungskonsum gestützt worden. Seit Mitte des Jahres führten die massiv angestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise aber zu immer stärkeren Kaufkraftverlusten und dämpften den privaten Konsum. Gleichzeitig belaste die Energiekrise die Produktion, insbesondere in den energieintensiven Industriezweigen. Die globale Abkühlung schwäche die Exportnachfrage. Aufgrund des massiv verschlechterten Ausblicks senken die Wirtschaftsweisen ihre Prognose für 2022 und erwarten dass das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland nur noch um 1,7 Prozent steigt – für das kommende Jahr geht der SVR von einem BIP-Rückgang in Höhe von 0,2 Prozent aus. 2023 dürften Exporte und Investitionen der Unternehmen aber allmählich wieder zunehmen. Außerdem sei zu erwarten, dass die Lieferengpässe langsam nachlassen und der hohe Auftragsbestand der Industrie abgearbeitet werde.

Die Verbraucherpreisinflation in Deutschland erreichte im Oktober 2022 mit 10,4 Prozent den höchsten Wert seit Anfang der 1950er-Jahre. Seit Jahresbeginn sind die Energiepreise weiter gestiegen. Die nun höheren Produktionskosten werden zunehmend an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben, was auch die Kerninflation antreibt. Der SVR rechnet daher mit einer Inflationsrate von 8,0 Prozent für 2022 sowie von 7,4 Prozent für 2023. Hohe Inflationsraten dämpften das Wirtschaftswachstum und könnten sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken. Sie könnten auch die Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen der Unternehmen nachteilig beeinflussen.

„Die Stimmung der Unternehmen ist sehr pessimistisch. Ganz akut kämpfen die Unternehmen mit den dramatisch gestiegenen Energiepreisen. Das führt zu Kostensteigerungen bei jedem Schritt in der Wertschöpfungskette“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben in einer ersten Reaktion zum Gutachten des SVR: Zusätzlich drohe auch noch angesichts der Rekordinflation eine Konsumzurückhaltung seitens der Verbraucher. „Deshalb sind unsere Erwartungen für 2023 sehr viel skeptischer als die des Sachverständigenrats. Der DIHK geht von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund drei Prozent aus. Uns berichten die Unternehmen von massiv zurückgefahrenen Investitionsplänen und auch der Export droht im kommenden Jahr schlechter auszufallen als noch in diesem Jahr“, teilte Wansleben abschließend mit.

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Frank RöschChefredakteur BIP und eSolution Report+49 6196 5828-155frank.roesch@bme.de